Arete du diable – Teufelsgrat
Wenn jemand gerne Gipfel erklimmt, die die 4000er-Marke übersteigen, wird man irgendwann auf den Teufelsgrat in der Mt.-Blanc-Gruppe stoßen. Bei dieser einen sportlichen Hochtour betritt man sechs mal einen Gipfel jenseits dieser magischen Grenze. Vorausgesetzt man beklettert jede dieser teuflischen Nadeln.
Wie heißen die Gipfel des Teufelsgrat?
Von links nach rechts lauten die Gipfelnamen:
- Corne du Diable, 4064m
- Pointe Chaubert, 4074m
- Pointe Mediane, 4097m
- Pointe Carmen, 4109m
- L’Isolee, 4114m
- Mt. Blanc du Tacul, 4248m
Sind wir wirklich nur zu zweit?
Der Wecker läutete um 01:45 Uhr. Wir schlenderten vom Schlafsaal zum Frühstück auf dem Rifugio Torino und warten gespannt wie viele andere Aspiranten noch kommen… –> Keine!
Später, in der dunklen Nacht, bestätigte es sich: wir sind wirklich die einzige Seilschaft, die die Hütte um diese Zeit verlässt. Nach dem Zustieg über den Cirque Maudit (1 1/2h über einen langen flachen Gletscher) erreichten wir das erste Hindernis noch in der Dunkelheit. Der Bergschrund machte uns keine Probleme, jedoch war in der Dunkelheit der Weiterweg sehr schwer zu finden. Früher oder später fanden wir tiefe Trittspuren in einer Rinne und wir folgten diesen.
Wir wussten, das Col du Diable hat eine Höhe von 3955m. Unsere Höhenmesser zeigten jedoch schon mehr an und von einem Col war noch nichts in Sicht. Oje – falsches Couloir erwischt! Es wurde immer steiler, schwieriger und die Blankeisstellen nahmen zu.
Anfangs noch schnell stapfend, verbrauchten wir in diesen schwierigen Passagen einiges an Zeit – wir sicherten mit einem der Halbseile (Halbseil doppelt verwenden). Gute vier Stunden nach dem Frühstück erreichten wir endlich den Grat. Jedoch auf einer Höhe von über 4000m. Dort sahen wir dann, dass wir an diesem stabilen, hochsommerlichen Tag doch nicht alleine unterwegs sind. Ein Bergführer-Anwärter aus Tirol stapfte mit seiner Gefährtin gerade vom eigentlichen Col herauf.
Sollen wir die erste Nadel mitnehmen?
Die erste Nadel lässt sich in ca. 20m sehr schön erklettern. In der Literatur wird dieser Anstieg mit 4a beschrieben. Nach einem kurzen Abseiler, wechselten wir hinüber zum Einstieg der zweiten Nadel. Hier findet man an einer senkrechten Platte, die von einem Riss durchzogen ist, die zwingende Schlüsselstelle des gesamten Grates. Diese „5a“-Stelle wäre wahrscheinlich bei einer modernen Plaisir-Route eine 5c.
Nachdem der Anwärter nach 5m seine Stiefel inkl. Steigeisen mit den Kletterschuhen tauschte, entschieden wir uns gleich mit den Patschen zu starten. Nach der Schlüsselstelle geht es luftig, aber schön bis zum Gipfel der zweiten Nadel. (eine SL mit 40m, ich würde sagen 5a oder darunter, bis auf die Schlüsselstelle)
Von der Pointe Chambert abgeseilt geht es über eine kurzen, aber heiklen Verbindungsgrat zum Einstieg der Pointe Mediane (heikel, weil mit Kletterschuhen auf einem schneebedeckten Grat). Dort hinauf, in dieser Verschneidung, wurden glaube ich die meisten Fotos überhaupt vom ganzen Grat geschossen. Jedenfalls lösen sich die Kletterstellen dort alle recht schön auf. Und dieser tadellose Granit lässt sich auch wunderbar mobil absichern. Dies gilt übrigens für alle Nadeln.
Nach dem engen Durchschlupf am Gipfel der Mediane, wartet eine weitere späktakuläre Abseilfahrt auf den Hochtouristen.
Direkt nach diesem Abseiler beginnt auch der Anstieg auf die vierte Nadel. In der Vorbereitung lest man oft, dass in der ersten Seillänge dieser Nadel sich oft Schnee und Eis hält. Die Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet – die Stellen waren maximal ein bisschen feucht. Herrliche Kletterei im 4. Grad UIAA leiten uns zum nächsten Abseilstand. Diese sind wunderbar eingerichtet: je 2 Bohrhaken mit einer Kette verbunden.
Und wie sieht es mit der letzten Nadel aus?
Der Weiterweg, nördlich vorbei an der L’Isolee, erwies sich einmal mehr als tükisch. Wir sicherten dies aber ordentlich ab und somit konnten wir das Risiko minimieren. 4x4000er haben wir schon in der Tasche. Doch der Tag war schon lang und wir verbrauchten schon beim Zustieg mehr Energie als erwartet. Somit entschieden wir uns einstimmig gegen eine Besteigung der letzten teuflischen Nadel. Wir wussten, der Weiterweg über brüchiges Gelände im zweiten bis dritten Grad UIAA wird uns sicher noch fordern.
Um ca. 16:00 betraten wir dann den höchsten Punkt für diesen Tag. Der Mt. Blanc du Tacul.
Abstieg zum Erfolg!
Die Taculflanke, also der Normalweg runter vom Tacul, lag noch vor uns. Alpine Gefahren: Spaltensturz und Eisschlag von herabstürzenden Seracs. Einige schaurige Geschichten über diese gefährliche Flanke veranlassten uns, diese so schnell wie möglich zu durchsteigen. Angekommen am Col du Midi hatten wir noch einen mühsamen Gegenanstieg (ca. 100hm) zum Refuge des Cosmiques. Dort angekommen, nach 15h und 20min, realisierten wir noch gar nicht, was für eine traumhafte Tour uns da gelungen ist.
Fazit
Ein teuflisch gutes Vergnügen, welches uns aber einiges abverlangte. Landschaftlich kaum zum überbieten. Eigentlich ein „Must-do“ für jeden gestandenen Alpinisten ;).